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Gäubahn: Es droht „ziviler Ungehorsam“

Bericht von A. Lothar Häring entnommen der Schwäbischen Zeitung
Erschienen am 25.04.2016
Link zum Bericht: Schwäbische Zeitung – Gäubahn

Gäubahn

Erboste Kommunalpolitiker proben den Aufstand

Dass sich in Sachen Gäubahn nichts tut, darüber sind viele Kommunalpolitiker in der Region erbost. Schon zweimal war Bahnchef Rüdiger Grube persönlich in der Region, 2010 in Tuttlingen und 2013 in Rottweil, um zu beteuern, wie wichtig ihm die Gäubahn ist, und dass er persönlich für den schnellen Ausbau sorgen werde. Passiert ist nichts. Schlimmer noch: Es wird auch mittelfristig nichts passieren.

Das besagt der jüngst veröffentlichte Entwurf des Bundesverkehrsplans 2030: Die Gäubahn ist nicht im „vordringlichen Bedarf“. Kommunalpolitiker sind erbost, wie sich jüngst im Planungsausschuss des Regionalverbands in Mühlheim gezeigt hat. Sie drohen unverhohlen mit „zivilem Ungehorsam“ und einer Klage.

Dabei berufen sie sich auf den bereits 1996 abgeschlossenen Vertrag von Lugano zwischen Deutschland und der Schweiz. Dabei vereinbarten die beiden Staaten, auf ihren Gebieten die Voraussetzung zu schaffen, um spätestens 2012 eine Fahrzeit von zwei Stunden und 15 Minuten zwischen Zürich und Stuttgart zu erreichen. Im besten Fall braucht man heute genau drei Stunden.

Schweiz hat ihren Part erledigt

Die Schweiz hat ihren Part pünktlich erledigt und die Strecke zwischen Schaffhausen und Zürich für 153 Millionen Franken modernisiert. Auf deutscher Seite gibt es viele Versprechen, aber keine Taten. Jahrelang haben Kommunalpolitiker Verbesserungen angemahnt, jetzt sind sie mit der Geduld am Ende. Immer wieder, so der Tenor, werde von allen Seiten betont, wie wichtig die Gäubahn gerade für die Wirtschaft, aber auch für Arbeitnehmer oder Touristen sei – und dann werde sie vernachlässigt.

Der Tuttlinger Landrat Stefan Bär formuliert es zurückhaltend. Er spricht von einem „Trauerspiel“, erinnert an politische Zusagen und verweist darauf, dass Deutschland rechtsgültig geschlossene Verträge verletze. Hermann Polzer (Grüne) zeigt sich „entsetzt“, zumal sich inzwischen 80 Prozent des Verkehrs auf der Straße abspielten und die Schiene vernachlässigt werde. Willi Kamm (SPD), Tuttlinger Baubürgermeister, sieht eine „dramatische Situation“. Die Gäubahn sei eine lebenswichtige „Nabelschnur“ hinaus in die Welt für die Region – sei es nun zu den Flughäfen in Stuttgart und Zürich oder zum Hauptbahnhof Stuttgart. „Und dann stellt man diese Gäubahn aufs Abstellgleis.“

Kauder offenbar machtlos

Selbst ein einflussreicher Politiker wie CDU-Fraktionschef Volker Kauder, der im Tuttlinger Hauptbahnhof sein Büro hat, sei offenbar machtlos. „Wir sollten auf die Schiene gehen“, fordert Kamm in Anlehnung an das Wort „auf die Straße gehen“ – und viele im Planungsausschuss des Regionalverbands nicken. Ebenso als Kamm den Begriff „ziviler Ungehorsam“ ins Spiel bringt, oder als eine Klage wegen Vertragsverletzung zur Sprache kommt. „Es ist unsäglich, wie man mit uns umspringt“, schimpft der SPD-Politiker. „Wir haben alles getan und die Planungen vorfinanziert, und dann lässt man uns im Stich.“

Andrea Kanold (Bad Dürrheim, FDP) ruft dazu auf, die Bürger zu mobilisieren. Der Horber Bürgermeister Gerd Hieber (Freie Wähler) befürchtet, dass die Schweiz die Geduld verliert, die Priorisierung der Gäubahn aufgibt und sich neu in Richtung Basel orientiert. „Wir feiern 20 Jahre Vertrag von Lugano und nichts ist passiert. Das ist megapeinlich“, sagt Hieber. Sein Kollege aus St. Georgen, Michael Rieger, erinnert daran, dass die Gäubahn in 40 Jahren gleich langsam geblieben sei. Er könne keinem Bürger seiner Stadt empfehlen, mit dem Zug nach Stuttgart oder zum Flughafen zu fahren. Schließlich gehen die Kommunalpolitiker auf den Vorschlag des Verbandsvorsitzenden Jürgen Guse, Bürgermeister von Bräunlingen, ein, vorerst auf zivilen Ungehorsam oder eine Klage zu verzichten und einen weiteren Versuch im Einvernehmen zu starten.

Der Plan sieht zwei Maßnahmen vor: zum einen eine erneute gemeinsame Stellungsnahme an die Verantwortlichen und zum zweiten „Gespräche „auf der politischen Ebene“.

Lob für Straßenprojekte

Einhelliges Lob gab es im Planungsausschuss des Regionalverbands dafür, dass Bundesverkehrsminister Dobrindt (CSU) acht Straßenbauprojekte der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg in den „Vordringlichen Bedarf“ des Bundesverkehrsplan 2030 eingestuft hat: Das sind neben den Ortsumfahrungen Spaichingen, Immendingen, Rietheim-Weilheim, Neukirch. Zollhaus, Randen auch der Tunnel bei Schramberg und die B 523 zwischen Villingen und Mönchweiler. (lohä)

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